Information
für Ärztinnen/Ärzte/medizinisches Personal -
K.O.-Tropfen/K.O.-Mittel |
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1.
Stoffkunde / Verwendung |
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Unter
dem Begriff K.O.-Tropfen/K.O.-Mittel werden verschiedene Substanzen
zusammengefasst. Zu den verbreiteten Wirkstoffen gehören
Mixturen aus Benzodiazepinen, Chloralhydrat und Barbituraten.
Gegenwärtig werden häufig die Partydrogen GHB (Gamma-Hydroxybuttersäure)
bzw. GBL (Gamma-Butyrolacton) verwendet, bekannter sind sie
unter den Szenenamen: Liquid Ecstasy, Bottle, Liquid X, Fantasy,
Soap, Liquid E, Gamma etc.
Als so genannte Partydrogen werden
die Mittel in der Regel freiwillig mit dem Ziel einer dämpfenden,
entspannenden und sexuell stimulierenden Wirkung konsumiert.
Ihre Wirkung ist nicht mit der eher aufputschenden Wirkung von
Ecstasy/Amphetaminen zu vergleichen.
Während z.B. GHB unter das Betäubungsmittelgesetz
fällt (d.h. der Besitz, Kauf, Handel, die Abgabe und Verabreichung
ist strafbar) ist die Vorläufersubstanz
GBL leicht zu beziehen. Sie unterliegt nicht dem Betäubungsmittelgesetz,
dennoch ist z.B. , die Verabreichung an ahnungslose Personen
strafbar.
Die unter dem Begriff K.O.-Mittel zusammengefassten Substanzen
werden oftmals unbemerkt in Speisen und Getränken verabreicht,
um einen anderen Menschen in einen willen- und hilflosen Zustand
zu versetzen. Sie sind meist geruch- und farblos und können
einen leicht bitteren, salzigen oder seifigen Beigeschmack haben,
der in einem alkoholischen oder einem Mixgetränk oft nicht
wahrnehmbar ist.
Unter der Wirkung von K.O.-Tropfen/-Mitteln kann es immer wieder
zu Raub- und Sexualdelikten kommen. |
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2.
Wirkungsweise |
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Die
Wirkung von K.O.-Mitteln ist abhängig von der verabreichten
Substanz, deren Wirkspektrum, der jeweiligen Dosis und der individuellen
Befindlichkeit der Person, die die Substanz zu sich nimmt.
Nachfolgend
wird beispielhaft näher auf GBL/GHB eingegangen: GBL/GHB
bewirkt zunächst Wohlempfinden und Entspannung, ähnlich
einem Champagnerrausch. Die Wirkung allerdings ist stark von
der Person abhängig, wird durch den Misch-Konsum etwa
mit Alkohol unkalkulierbar und kann in Extremfällen lebensgefährlich
sein.
GBL wird im Körper durch biochemische Prozesse fast im
Verhältnis 1:1 zu GHB umgewandelt.
Die Wirkung setzt nach ca. 15 Minuten ein und kann bis zu
4 Stunden anhalten. Als Nebenwirkungen werden Übelkeit,
Erbrechen, Schwindel, Atemnot, Kopfschmerz, Krampfanfälle,
Muskelkrämpfe und Verwirrtheit beobachtet.
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Betroffene
beschreiben den Verlauf und die Symptome wie folgt: |
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vernebeltes
Gefühl "wie in Watte gepackt sein" |
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verweintes
Aussehen, als das Bewusstsein wieder einsetzte |
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schlagartiger
Erinnerungsverlust |
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Zweifel
daran, dass der Filmriss durch den eigenen Alkoholkonsum
hervorgerufen wurde |
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Störungen
der Konzentration (auch Tage später) |
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starke
Zweifel an den plötzlich auftretenden inneren Bildern
und Gefühlen, vor allem, wenn es für körperliche
oder sexuelle Übergriffe keine objektiven Beweise
oder Verletzungen gibt. |
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Vergleichbare
oder ähnliche Symptome können auch bei anderen Substanzen
auftreten, als typische Wirkung gilt die Bewusstseinstrübung
und Willenlosigkeit sowie die Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens.
Anhand des Erscheinungsbildes oder der Befindlichkeitsschilderungen
allein ist kein Rückschluss auf eine Substanz möglich. |
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3.
Konsumfolgen |
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Der
Verdacht auf eine Vergiftung durch K.O.-Tropfen/K.O.-Mittel
kann durch andere, offensichtlichere Erscheinungen überdeckt
werden. Zum Beispiel darf gemutmaßt werden, dass z.B.
GBL/GHB-Konsum in der Party-Szene ist durch zusätzlichen
Alkohol-Konsum und dessen Symptomatik überdeckt werden
kann.
GBL/GHB wird – gerade in Kombination mit Alkohol –
auch dazu benutzt, Frauen und auch Männer sexuell gefügig
zu machen bzw. auszurauben. Durch die das Gedächtnis beeinflussende
Wirkung können sich die Opfer u.U. nicht mehr oder nur
ungenau an das Geschehen erinnern.
Die Möglichkeit einer Intoxikation allgemein bzw. einer
GBL/GHB-Intoxikation im Besonderen sollte in Fällen
unklarer Bewusstlosigkeit in Betracht gezogen
werden. |
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4.
Nachweisbarkeit |
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Das
Zeitfenster für die Nachweisbarkeit eines K.O.-Mitteleinsatzes
hängt von der aufgenommenen Substanz und dem jeweiligen
Verstoffwechselungsweg im Körper ab. In der Regel kann
eine Vielzahl von Substanzen aus der Gruppe der K.O.- Mittel
viele Stunden (im Blut) bis einige Tage (im Urin) nachgewiesen
werden.
Die Nachweisdauer für GHB im Blut beträgt ca. 6 Stunden,
im Urin ca. 12 Stunden nach Konsum. Danach ist eine Unterscheidung
vom natürlichen GHB-Spiegel kaum möglich. Aber auch
eine langsamere Verstoffwechselung von GHB ist inzwischen beschrieben.
Da die Substanz, welche zum Einsatz kam, nicht bekannt
ist, sollten generell bei jedem Verdacht so zeitnah
wie möglich immer Blut- und Urinproben genommen werden,
auch wenn mehr Zeit als ein paar Stunden vergangen ist.
Wichtig für die Asservierung
(immer Blut und Urin asservieren!) der Proben sind folgende
Aspekte:
Blutprobe: nicht mit Citrat-Röhrchen, mind. 5 ml, besser
10 ml (Röhrchen des Polizeibedarfs, alternativ für
die Glucosebestimmung verwenden), Lagerung im Kühlschrank,
Lagerungszeitraum klar definieren, für den eine Sicherung
der Probe z.B. in der Klinik oder Arztpraxis gewährleistet
werden kann, es wird empfohlen, eine Probe nicht länger
als max. 2 Tage im Kühlschrank aufzubewahren. Urinprobe
ca. 50 ml Lagerung im Kühlschrank, im übrigen gleiches
Procedere wie für die Blutprobe.
Die Proben sind mit Name, DATUM und UHRZEIT der Entnahme/Sicherstellung
zu kennzeichnen und sie sollten -wenn möglich-versiegelt
(etwa in einem verschlossenen Umschlag) und zumindest
gekühlt gelagert werden, bis eine Analyse
veranlasst wird. Besteht die Möglichkeit Proben tiefgefroren
zu lagern, so ist bei längerer Lagerung (mehr als 2 Tage)
dies anzustreben. Auf keinen Fall sollen die Proben der Patientin
bzw. dem Patienten ausgehändigt werden, da sie dann ihre
juristische Beweiskraft verlieren. Es könnte die Mutmaßung
einer nachträglichen Manipulation an der Probe geäußert
werden.
Der Nachweis von K.O.-Mitteln setzt den Einsatz empfindlicher
Messmethoden im Serum oder Urin voraus, die Interpretation der
Analysenergebnisse bedarf fachspezifischer Kenntnisse.
Der Nachweis der Substanzen kann aus unterschiedlichen Gründen
problematisch sein. Ein negatives Testergebnis bedeutet nicht,
dass keine Substanzen verabreicht wurden. |
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Kostenfreie
beweissichernde Untersuchung und Sicherung von Asservaten |
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Rechtsmedizinische
Ambulanz am
Institut für Rechtsmedizin
Universitätsklinikum Düsseldorf
Moorenstraße 5
40225 Düsseldorf
Gebäude 14.84
Telefon: 0211 / 81 06 000 Bitte Vereinbaren Sie für eine
Untersuchung einen Termin.
(Anrufbeantwortertext gibt Hinweise für die Erreichbarkeit
des rechtsmedizinischen Rufbereitschaftsdienstes)
www.uniklinik-duesseldorf.de/rechtsmedizin
Öffnungszeiten:
Mo - Do: 9.00 -16.00 Uhr
Fr: 9.00 - 14.00 Uhr
darüber hinaus telefonischer Bereitschaftsdienst
Zentrale
Notfallpraxis Düsseldorf
Florastr. 38
40217 Düsseldorf
Telefon: 0211 / 98675 -55
www.notfallpraxis-duesseldorf.de
Öffnungszeiten:
Montag, Dienstag, Donnerstag: 20.00 Uhr - 07.00 Uhr
Freitag: 17.00 Uhr - 07.00 Uhr
Mittwoch : 14.00 Uhr - 07.00 Uhr
Samstag und Sonntag (+Feiertage): 08.00 Uhr - 07.00 Uhr |
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5.
Maßnahmen bei Verdachtsfällen |
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Falls
sich eine Patientin bzw. ein Patient an Sie wendet und den Verdacht
äußert, mit K.O.-Tropfen betäubt und möglicherweise
Opfer einer Straftat geworden zu sein, sind vor allem die häufig
fehlenden Erinnerungen ein Problem. Gerade dieser Umstand der
schwierigen Beweisführung führt dazu, dass der Täter
bzw. die Täterin sich sehr sicher fühlen und eine
strafrechtliche Verfolgung kaum fürchten.
Aus diesem Grund ist eine sorgfältige Anamnese, Asservierung
und Analytik von besonderer Bedeutung.
Die Sicherstellung einer Blut- und Urinprobe sollte in jedem
Verdachtsfall erfolgen und eine Lagerung der Proben für
1 – 2 Tage unter Kühlschrankbedingungen sichergestellt
werden.
Klären
Sie die betroffene Person über die Sinnhaftigkeit der
Probengewinnung und die Lagerungsbedingungen in Ihrer Klinik
oder Praxis auf und legen Sie fest, wie mit den Proben nach
Verstreichen der Lagerungszeit verfahren werden soll. Geben
Sie der betroffenen Person diese Informationen schriftlich
mit!
Idealerweise ist auf die Anzeigeerstattung bei der Polizei
hinzuweisen.
Im Rahmen einer solchen Anzeige innerhalb von 1 – 2
Tagen ( analog der Lagerungsdauer der Proben im Kühlschrank
der Klinik oder Praxis) könnte dann die Polizei die Proben
übergeben bekommen.
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Im
Rahmen der Anamnese - die so zeitig
wie möglich erhoben werden sollte - sind folgende Punkte
wichtig: |
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Erinnerungsvermögen
bzw. -störung |
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Dämmerzustand
(wie in Watte) |
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Gefühle
der Willen- und Reglosigkeit |
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Wissentliche
Einnahmen von Medikamenten, Alkohol, Drogen? Wenn ja:
Zeitpunkt, Dosis |
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Wahrnehmung
von verändertem Geschmack eines Getränks |
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Getränk
oder Lebensmittel angeboten bekommen |
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Getränk
unbeaufsichtigt gelassen |
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Plötzliche,
unerklärliche Zustandsänderung |
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Psychovegetative
Auffälligkeiten |
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Im
Nachgang Symptome wie unter Punkt 2 beschrieben
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Verzögerte
Vorstellung beim Arzt oder Meldung bei der Polizei |
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Geringe
oder fehlende Verletzungen allgemein oder genital/rektal
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Bei
der körperlichen Untersuchung - inklusive gynäkologischer
Untersuchung bei Verdacht auf einen
sexuellen Übergriff- sollte auf Folgendes
besonders geachtet werden: |
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Verletzungen
müssen umfassend dokumentiert werden |
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Sicherung
möglicher DNA-Spuren. |
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Eine
ausführliche Anleitung finden Sie unter: www.frauennotruf-frankfurt.de |
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6.
Hilfe und Unterstützung |
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Die
Betroffenen können posttraumatische Symptome entwickeln,
auch wenn sie keine Erinnerungen an das Geschehen haben. Um
die Gefahr einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung
zu verringern, sind den Betroffenen möglichst zeitnah Hilfsangebote
zu nennen. |
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Beratungs-
und Unterstützungsangebote in Düsseldorf finden Sie
unter Adressen und weiterführende Hilfen |